Planung der Müngstener Brücke

Die Planungen rund um die Müngstener Brücke waren durch die topografischen Vorgaben natürlich umfangreich. Man baut natürlich nicht mal eben die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands in stark von Vegetation geprägtes Gelände. Das Nachzeichnen der Planung, die der eigentlichen Konstruktion der Brücke selbst vorausging, ist dank umfangreicher Dokumentation gut nachvollziehbar.

Die ersten Überlegungen zur Planung

Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn, Müngste(i)n
Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn, Müngste(i)n

Bereits im Jahre 1845 gab es erste Pläne von Johann Heinrich Voßnack für den Bau einer Eisenbahnverbindung von Remscheid und Solingen. Allerdings sah die erste Planung noch nicht so eine abenteuerliche Lösung wie eine über 100 m hohe Brücke vor, und es sollte noch etliche Jahrzehnte dauern, bis die Planung konkret wurden. Zunächst gab es Vorschläge, die Strecke durch das Tal der Wupper neben dem Morsbach über Gerstau hoch nach Remscheid zu führen. Diese Pläne wurden jedoch verworfen, man entschied sich Jahrzehnte später für die Brücke über das Tal bei Müngsten. Doch auch hier sollte es noch dauern, bis man den richtigen Standort gefunden haben sollte.

Am Rande sei erwähnt, dass mit der Ronsdorf-Müngstener-Eisenbahn schließlich doch noch eine Eisenbahnverbindung durch das Morsbachtal gebaut wurde und die Ironie der Geschichte ist, dass es genau diese Verbindung war, die dem Tourismus der Müngstener Brücke Auftrieb verlieh.

Standortwahl der Müngstener Brücke

Fährt man aufmerksam mit dem Zug von Remscheid nach Solingen, so bemerkt man, dass man in weitläufigen Kurven fährt. Das liegt daran, dass eine Trassierung für eine Zugstrecke nicht jede beliebige Steigung haben darf. Ein Zug, zumal zum damaligen Zeitpunkt schafft nicht jede Hürde. Außerdem waren die damals allgegenwärtigen Dampflokomotiven konstruktionsbedingt (Wasserkessel, ausgeglichene Verteilung) auf nahezu ebene Strecke angewiesen.

Obwohl der Zug heute bereits in den bekannten weiten Bögen fährt, ist die Trasse von Wuppertal oder Solingen hinauf nach Remscheid von einer hohen Steigung geprägt (1/40 & 1/60), die jedem Eisenbahnfan bekannt – und so manchem Lokführer den Schweiß auf die Stirn trieb. Da die Strecke außerdem durch dicht bewaldetes Gebiet führt, kann sie auch ganz schön schmierig werden. Dafür sorgt dann das nasse Laub und feuchte Umgebung. Vom Bahnhof Solingen-Schaberg aus kann man erkennen, wie sehr die Strecke hinter der Müngstener Brücke ansteigt.

Anton Rieppel selbst hat die Aufgabenstellung durch die Region treffend in Zahlen ausgedrückt:

Der Bahnhof Remscheid liegt 100 m über dem Bahnhof Solingen–Süd und dieser wieder 100 m über dem Wasserspiegel der Wupper, die in einem zwischen den beiden Städten liegenden scharf eingeschnittenen Tal fließt. Bei solcher Bodengestaltung waren die Schwierigkeiten und Kosten für einen Bahnbau groß, und es ist verständlich, dass man sich lange scheute, dem Plane ernstlich näher zu treten.

Eine Trasse planen, die den Brückenschlag ermöglicht

Es galt also, eine möglichst geringe Steigung für die Trasse zu finden. Die Vermessung der Strecke fand in den späten 80er Jahren des 19. Jahrhunderts statt. Man fand bekanntlich eine Trasse. Sie schien mit einer Steigung von 1/60 gerade noch geeignet zu sein. Die Strecke konnte somit rechtlich und technisch den Status eine Hauptstrecke erreichen. Die hohe Steigung nach Remscheid war auch Grund dafür, dass die Bahn über Jahrzehnte Loks bereitstellte, die nur darauf gewartet haben, dass mal wieder ein Zug nicht den Berg von alleine erklimmen kann, um dann mit diesen Schubloks auszuhelfen. Derlei Redundanz in den Betriebsmitteln ist heute natürlich längst Geschichte, aber das ist eine andere ebensolche.

Leider führte die Trasse der neu zu bauenden Strecke durchweg über Privatbesitz. Man kann erahnen dass hier Widerstand zu erwarten war. Erschwerend und verteuernd kam hinzu, dass direkt ein zweigleisiger Ausbau geplant wurde, und somit ein größeres Gelände zu erwerben war.

Im April des Jahres 1890 war es aber dann soweit: Die Strecke wurde von Berlin, dem preußischen Abgeordnetenhaus schließlich genehmigt, eine Bauzeit von fünf Jahren wurde veranschlagt. Und im Winter 1891/1892 begann man mit den Arbeiten für die Trassierung. Und wie die Brücke selbst, baute man auch die Strecke aufeinander zu. Über der Wupper sollte sie schließlich zueinander finden, in der Mitte des Bogens der Müngstener Brücke. Die vorhergehende Trassierung war unabdingbar, um für die Brücke benötigte Baumaterialien schnell zur Baustelle bringen zu können, was primär über die Solinger Seite nach Schaberg geschehen sollte.

Planung der Müngstener Brücke

Im damaligen Verkehrsministerium in Berlin herrschte große Ablehnung aufgrund der Topografie des Bergischen Lands und er zu erwartenden Kosten. Ein solchen Projekts galt im entfernten Berlin als undurchführbar. Und doch plante man in Remscheid und Solingen im Schulterschluss weiter für eine Direktverbindung. Kreisbaurat Bormann aus Elberfeld legte eine Vorlage für eine Brücke vor, welche nahe der Ortschaft ehemaligen Ortschaft Müngsten 120 m über dem Wupperspiegel das Tal überspannen sollte. Die Königliche Eisenbahndirektion Elberfeld fand jedoch einen in mehrerer Hinsicht günstigeren Standort rund 800 Meter wupperabwärts. An diesem Ort wurde sie schließlich auch errichtet.

Mit „nur“ 107m über dem Wupperspiegel und „nur“ 485m Länge und zudem etwas abseits der ehemaligen Ortschaft Müngsten, die zu der Zeit sowohl wirtschaftlich von hoher Bedeutung und gleichzeitig ein beliebtes Kleinod für Ausflügler war, lag die Wahl an diesem dem Standort nahe. Müngsten konnte weiter produzieren und sogar von der Brücke partizipieren.

Typbestimmung und Ausschreibung der Müngstener Brücke

Zwischen der königlichen Eisenbahndirektion Elberfeld und dem preußischen Eisenbahnministerium Berlin war man sich uneins, welchen Typ Brücke man errichten lassen wollte. Daraufhin erstelle die Eisenbahndirektion Elberfeld Entwürfe mehrerer Brückentypen, und das Eisenbahnministerium lud namhafte Firmen des damaligen Kaiserreichs ein, Kostenvoranschläge einzureichen. So ist es dann auch geschehen und von der politischen Planung ging man in die Ausschreibung über.

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